Versöhnung mit der USA
Ehrlich gesagt war ich anfangs kein großer Fan der USA. Die Stellplatzsuche stellte sich als schwierig heraus, Campingplätze waren alle ausgebucht, wir schliefen schlecht, es fühlte sich oft unsicher an z.B. wenn man im Wald schläft und Leute schießen und allgemein bekamen wir ab und zu einen Mittelfinger, weil wir nicht nach deren Geschmack fahren. Die traumhafte vernebelte Oregon Küste machte aber vieles wieder gut und nach und nach besserte sich auch all das was vorher blöd war. Ich war halt sehr verwöhnt von den lieben Kanadiern. Wir trafen zwei Amerikaner, welche uns mit ihrer Herzlichkeit und Menschlichkeit zeigten, dass überall auch tolle Menschen zwischen den ganzen Idioten herumschwirren und wir in dem Moment den Blick dafür verloren hatten. Wir hatten einen traumhaften Stellplatz direkt am Meer und beobachteten Schweinswale beim jagen und spielen. Es war so schon alles perfekt und wir ahnten nicht, dass es noch besser werden kann. Richard kochte uns ein leckeres Abendbrot und zwei Männer die neben uns parkten kamen mit ihren Kajaks und Angeln mit einem riesigen Grinsen aus dem Meer gestiefelt. Richard startete einen kleinen Smalltalk und dann zeigte der Ältere stolz seinen Fang. Ich habe vorher immer aus Spaß gesagt, dass ich es mega finden würde, wenn so ein Angler uns mal einen Fisch schenkt, aber warum sollten sie?! Naja, manchmal gehen Wünsche in Erfüllung. Er drückte Richard einen Cod in die Hand und meinte: „For your Dinner!“ Ich lachte nur in mich hinein, da Richard total überfordert war und nicht wusste was er jetzt mit dem Fisch anstellen soll. Der Mann merkte die Unsicherheit und fragte nach einem Messer und zerlegte den Fisch gemeinsam mit Richard auf seiner Pick Up Klappe. Die Männer waren so glücklich und wir auch, denn wir genossen jeden Happen bei Sonnenuntergang und fragten uns womit wir das verdient haben. Jeden Tag fuhren wir am Meer entlang immer weiter nach Süden. An einem Tag stoppten wir, weil wir in der Ferne ein Fest sahen. Es war ein niedliches Piratenfest (das Pendant zu unseren Mittelalterfesten) und die Leute waren verkleidet, hatten total Spaß und es trat eine richtig gute Band auf.
Der nächste Stopp war der Redwood Nationalpark in
Nordkalifornien. Diese Wälder mit den gigantischen Bäumen sind nicht von dieser
Welt. Wir fuhren mit dem Auto zu einem Wanderweg und fühlten uns dort schon wie
Zwerge. Zudem hat das Gebiet noch einen herrlichen Fluss zu bieten und wir schwammen
im klarsten Wasser in den Pools dieses Flusses. Wir trafen immer mehr nette
Leute und ich fühlte mich mittlerweile wirklich versöhnt mit der USA.
Es fühlt sich vieles sehr bekannt und dennoch irreal an, da
man so viel aus Filmen und anderen Medien kennt. Ich bin zum Beispiel nur mit
offenem Mund durch einen Supermarkt gegangen, da es dort die abgefahrensten
Sachen gab und ich wie ein kleines Kind eigentlich alles ausprobieren wollte.
Wir waren dann noch in einem Outletkomplex, da ja Kleidung hier schon günstiger
ist als bei uns. Jedoch fühlten wir uns gar nicht danach was zu shoppen und
fuhren weiter. Später im Outdoorgeschäft kauften wir dann doch ein paar
Oberteile, da unsere Klamotten schon teilweise durch sind.
Angekommen an der Golden Gate Bridge wurde es erst einmal stressig,
denn wir mussten die Brücke überqueren um dann wieder zurück zu fahren, da dort
unser Stellplatz war (Fun Fact: Die Brücke kostet eigentlich Maut, aber nicht
für fremde Kennzeichen). Alles hat wunderbar geklappt und wir stiefelten vom
Stellplatz noch etwas den Berg hoch und hatten eine Top Aussicht auf die Golden
Gate Bridge und auf San Francisco. An die Stadt hatten wir Null Erwartungen, da
sie uns sehr viele Leute schlecht geredet hatten. Im Sinne von: Es war mal
schön, aber jetzt sind dort so viele Obdachlose. Turns Out, wir lieben diese
Stadt! Es war so so schön dort und wir hatten einen tollen Tag. Wir haben uns
am Ferry Markt durchgefressen, die Stadtteile Castro, welcher der LGBTQ+ Stadtteil
ist und Mission, welcher sehr mexikanisch geprägt ist, erkundet. Waren in einer
Mall, haben die Kabelbahn und die steilen Straßen angeschaut und uns am Abend nochmal
in einem veganen Food Curt puerto ricanisch und mexikanisches Essen gegönnt.
Die Nacht am Aussichtspunkt war auch etwas abenteuerlich. Am ersten Abend
klopfte es und wir haben gerade gekocht und keine Anstalten gemacht zu öffnen,
bis jemand auf Deutsch sagte: „Mach doch mal auf!“ Es war jemand den wir schon
im Yukon getroffen hatten und wir tauschten uns erstmal über unsere Erlebnisse
aus. Am zweiten Abend parkte mitten in der Nacht ein Auto neben uns und
beschallte uns mit mexikanischem Schlager. Wir fürchteten uns erst ein bisschen
zu schauen was da los war und dann schob Richard die Gardine zur Seite und wir
mussten einfach nur schmunzeln. Es war ein junges Paar und sie tanzten ganz
verliebt neben unserem Auto und hatten eine schöne Zeit. Naja, wir ertrugen es
einfach bis sie weg waren.
Der Yosemite Nationalpark war unser nächster Stopp. Der Park
hat uns auch so gut gefallen und es war es so wert hinzufahren. Wir dachten
erst dass es dort überlaufen und stressig ist, da wir das von den kanadischen
Nationalparks so kannten, aber nein, es ist echt Urlaub vom Urlaub dort. Auf
der Fahrt dorthin merkten wir den Temperaturunterschied von der kalifornischen
Küste, wo es relativ frisch ist zum Landesinneren mit brütender Hitze. Die Nacht
vor Yosemite waren wir auf einem Campingplatz der schon sehr an Hochsommer in
der Toskana erinnerte. Im Yosemite selbst war es auch sehr warm, aber gut
aushaltbar. Wir hatten einen Zeltplatz, da es die einzige Option zum Campen für
uns war, aber wir haben ja ein Zelt also kein Problem. Die Infrastruktur ist
perfekt: kostenloses Shuttle, Läden, Museum, Informationsstände, Strände zum Baden
etc. Im Valley wanderten wir an einem sehr warmen Tag 20 km und bestaunten den
El Capitan von Nahem, badeten im Fluss und picknickten. Am Abend besuchten wir
Jordan, ein Kanadier, welchen wir auf der Wanderung kennenlernten. Wir quatschten
mit ihm am Lagerfeuer und hatten eine schöne gemeinsame Zeit. Am Morgen
quatschen wir dann noch lange mit unseren Zeltnachbarn Stefan und Jenny aus
Bremen. Die zwei waren super sympathisch und erzählten uns von ihrer aufregenden
Reise durch Südamerika. Richard kletterte und boulderte noch etwas in unserem
Camp 4, wo Klettergeschichte geschrieben wurde, wie wir im Museum lernten und
wir schauten uns das Tal mit den großen Granitwänden von einem Aussichtspunkt
an. Es war herrlich im Yosemite und wir sind dankbar, dass wir dieses schöne
Fleckchen Erde so genießen konnten.
Jetzt sind wir fast im Sequoia/Kings Canyon Nationalpark und
sind schon auf die großen Bäume hier gespannt. Wir haben die Nacht auf einem Berg,
auf fast 2000 Meter im Nationalforest verbracht und frieren hier oben regelrecht.
Liebe Grüße Lisa und Richard (Verfasst von Lisa)
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