Feivel der Mauswanderer

 

Wir genossen die paar Tage im Strandhaus bei Phil und Shauna sehr. Morgens ging es am Strand Laufen, danach auf die Bikes und in die Stadt Kaffee trinken. Abends saßen wir mit Sarah und Marnee, 2 Mädels die mit uns gearbeitet haben, im Hot Tub und Phil servierte uns Drinks, während wir alle auf den Ozean starrten um Orcas zu erspähen. Am nächsten Tag wanderten wir alle gemeinsam und schauten uns riesengroße Douglas Fir und Red Cedar Bäume an, bewunderten Wasserfälle und schnapperten Donuts. Was eine tolle Zeit! Da wir aber Hummeln im Po hatten und noch so viel wie möglich von der Insel sehen wollten, war es an der Zeit mal wieder „Bye“ zu sagen.

Angekommen am abgeschiedenen Elk Bay, wo es schon den ganzen Tag wie aus Eimern schüttete, wollten wir einfach mal ein paar Tage das Campingleben genießen. Ich kuschelte mich mit einem Buch und laufender Standheizung auf unser Sofa und Richard gurkte draußen umher, da er nicht der Beste im Chillen ist (gut für mich hihi). Zwei Tage später kam dann endlich die Sonne heraus und wir fuhren zur nächsten Bay, die Little Bear Bay. Hier waren wir auch fast allein. Lustigerweise sahen wir schon von weitem ein Auto mit deutschem Nummernschild. Seit Nova Scotia ist uns das nicht mehr passiert. Richard quatschte etwas mit Alex, welcher mit seiner Freundin schon 2 Jahre mit ihrem Crafter unterwegs sind, mega cool. Die erste Outdoordusche gönnten wir uns auch gleich noch an diesem sonnigen Tag. Nachts haben wir sehr schlecht geschlafen, da wie sich am Morgen herausstellte, eine Maus ins Auto geschlichen hatte. In der Nacht danach am Georgie Lake hat es wieder so sehr geregnet, dass wir nichts von Mausi hörten. Danach ging es nochmal kurz für uns nach Port McNeill und Port Hardy in die Zivilisation, um unglaublich viel Geld für wenig Lebensmittel auszugeben, den Wassertank aufzufüllen und natürlich um einen leckeren Kaffee zu trinken und die leckersten Cookies zu essen. Im Café entschieden wir uns dafür, dass wir nun bereit sind endlich einmal in unserem neu geshoppten Zelt zu schlafen und wir entschieden uns in den nächsten Tagen den Cape Scott Trail zu wandern.

Von Port Hardy aus ging es erst einmal nach Holberg, ein winziger „Ort“, der wirklich mitten im Nordwesten im Nichts liegt und nur durch eine holprige Forststraße erreichbar ist. Der Einzige mit dem wir hier sprachen, war ein chinesischer Student, der das „Tourismusbüro/Laden“ betreibt. Von dem Örtchen ging es immer weiter über Schotterstraßen. Völlig unerwartet stand plötzlich ein Bär am Waldesrand. Wir hatten schon die Vermutung, dass es doch keine Bären gibt und das ganze eine große Lüge ist, deshalb waren wir total erschrocken und fasziniert. Das Tier war viel größer als erwartet, aber sah sehr verschlafen süß aus. Nach insgesamt ca. 60 Kilometern Schotterstraße erreichten wir den San Josef Bay Recreation Campground. Am Abend packten wir unser Zeug für unsere Wanderung und ab ins Bett. „Nicht mit mir!“, dachte sich Feivel der Mauswanderer. Er terrorisierte uns die ganze Nacht. Er hing an einer Kette aus Nudeln, die unsere Mitbewohnerin gebastelt hatte und am Spiegel hing und knabberte genüsslich daran. Er rannte hin und her und knabberte was das Zeug hielt. Richard kämpfte erfolglos gegen ihn und war am Morgen noch der Meinung, dass Feivel an seinen Haaren geschnuppert hätte. Die Lebendfalle die er gebaut hatte war leider auch nutzlos. Naja, daraufhin bastelte er halt eine Todfalle und Feivel hatte eh eine Nacht allein, da wir ja auf Wanderung gingen. Es lag nun in seinen eigenen Maushänden.

Am Trailhead angekommen wurden wir erst einmal überrascht. 

Sidestory:  Vor vier oder fünf Tagen nahmen wir einen Hitchhiker mit. In British Columbia ist das Mitnehmen von Anhaltern verboten (Drogen konsumieren nicht, haha), aber es juckt trotzdem keinen. An dem besagten Tag standen ein paar Hitchhiker an der Straße und wir überlegten noch ob wir jemanden mitnehmen. „Ach nö, kein Platz…“ „Wenn dann nur eine Frau…“ An der nächsten Tankstelle fragte ein junger Mann Richard ob er ein Stück mitfahren darf und Richard sagte ohne Zögern: „Ja, klar!“ Ich schaute ihn nur böse an, da wir ja 5 Minuten vorher ganz was anderes besprochen hatten. Nun ja, der 20 Jährige Quebecer war super sympathisch und es war kein Fehler ihn mitzunehmen.

Am Trailhead begrüßte uns dann dieser junge Mann und fragte ob wir uns an ihn erinnern. Verrückt, dass er soweit gekommen ist. Er reist mit zwei Kumpels per Anhalter und die haben nicht viel dabei und sind vollkommen frei und wild unterwegs. Er hatte einen seiner Kumpels dabei (der andere hatte Angst vor Wölfen) und die zwei hatten den gleichen Plan wie wir: eine Wanderung zum Cape Scott. Wir zwei waren so richtig deutsch ausgestattet, mit Funktionskleidung und Bärenspray auf jede Situation vorbereitet und dann die zwei mit Jeans, Stoffrucksack und einer 3 Liter Plastikflasche in der Hand. Die Jungs haben uns es schon ein bisschen angetan mit ihrem Lifestyle und wir bewunderten sehr wie die durchs Leben gehen und das Gefühl von Freiheit leben.

Der erste Wandertag war lang und anstrengend, aber wunderschön. Der Weg war total schlammig und sehr anspruchsvoll. Wir liefen durch den Regenwald und kamen zu den schönsten Stränden, entdeckten Spuren von Bären und Wölfen und sahen einen kleinen Kolibri. An der Guise Bay war das Camp (das bedeutet Grubenklo und Bärensicherer Schrank für Nahrung) in welchem wir die Nacht verbringen wollten. Der eigentliche Plan war, das Zelt aufzubauen und zum Leuchtturm von Cape Scott zu laufen und wieder zurück. Nach 20,7 km mit Gepäck auf diesen harten Weg, waren wir beide aber am Ende der Kräfte und wollten nicht noch zusätzliche ca. 6 km laufen. So entschieden wir uns den Strandblick und die Einsamkeit zu genießen. Die Nacht war mit 4 Grad ziemlich frisch und es war echt insgesamt alles kein Zuckerschlecken, aber wir waren trotzdem sehr happy. Wir hatten auch noch keine Ahnung wie wir mit unseren schmerzenden Beinen wieder zurückkommen sollten. Der Rückweg lief unerwartet doch ganz gut. Wir ließen uns Zeit und machten eine Stunde Mittagspause in der Sonne. Die Jungs trafen wir natürlich auch wieder. Sie sind bis zum Leuchtturm gegangen und haben tatsächlich auf uns gewartet. Am Leuchtturm haben sie mit den Wärtern gekocht, getrunken, durften duschen und haben in einer Hütte geschlafen. Wir freuten uns total für die zwei Vagabunden und fanden es krass, dass tatsächlich noch Leuchtturmwärter so abgeschieden dort Leben (googelt mal wo Cape Scott ist).

Nach kurzer Überlegung wollten wir nun doch noch nach Gold River fahren und buchten eine Fahrt mit der Uchuck III, einem Versorgungsboot für abgelegene Plätze. Das heißt, das Schiff fährt 2-mal die Woche durch das Gebiet des Nootkasounds und beliefert z.B. Forstarbeiter mit Nahrungsmitteln und Fischfarmen mit Fischfutter. Apropos Forstarbeit: Das ist hier echt ein riesen Thema, da so viel abgeholzt wird und das an den abgelegensten Plätzen, wo wir auch teilweise keine Vorstellung haben wie die dort hinkommen. Die Bäume sind riesig und die Maschinen und Holz-LKW´s faszinierend. Die Schifffahrt ging 8,5 h und wir durften beim ab- und beladen zuschauen und bewunderten vorwiegend die Landschaft.

In Cumberland stieg Richard mal wieder auf sein Bike, da es DAS Gebiet ist und DIE Stadt wo Mountainbiken das Stadtbild bestimmt. Der Ort besteht aus einer Hauptstraße mit süßen Cafés und Fahrradläden, sowie einer Brauerei, für das After-Bike-Beer und am Ende der Straße ist der Parkplatz für das enorme Trailnetz. Ich genoss die Zeit für mich und Richard spielte im Wald.

Jetzt befinden wir uns gerade am Great Central Lake und Lesen viel, liegen in der Hängematte, machen Lagerfeuer, spielen Rummikub und essen leckeres Essen. Wir schätzen gerade sehr unsere freie Zeit und sind jeden Tag dankbar und sehr glücklich über unser Leben.

P.S.: Ach ja, fast vergessen: RIP Feivel. Er ist natürlich in die Falle gegangen. Leider war er wirklich süß, aber er war laut und hat alles angeknabbert.

Bis Bald und bleibt gesund Richard und Lisa (Verfasst von Lisa)


Blick von der Little Bear Bay

Welcome to Holberg

"Hallo? Ist da jemand?"

Bärli, ist ein netter Kerli

glückliche Wanderer

Einsame Buchten

Ist das Kunst oder kann das weg?

Private Beach

Auf den Spuren der Küstenwölfe

Mittagspause: Kartoffelbrei mit Cracker, Tzatziki mit Cracker, Kaffee

Der Weg! zu 80%

Uchuck III

Belieferung einer Logging-Station

geiles Wetter heute

Die tollsten "Hotels"

Gemütlicher Abend

Putztag

Great Central Lake



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