Wie lang kann ein Winter sein?

Nach dem Werkstattbesuch in Vancouver gönnten wir uns noch eine Pizza und besuchten dann die reichen Rentner in Horseshoe Bay, um deren kostenlose Community Dusche zu benutzen. Hier kann man gut alt werden: sehr gut besuchter Golfplatz, Spinning an der frischen Luft, oder eine Runde Tennis in der Halle. Wir Reisende fallen hier etwas auf: ungeduscht und 40 Jahre jünger. Unser Weg ging dann wieder zurück nach Squamish, da wir hier das Victoria-Day Wochenende verbringen wollten. Wir deckten uns mit Lebensmitteln und Wasser ein und fuhren wieder zur Chek Recreation Site und richteten dort unser Camp auf dem Parkplatz ein. Freitag füllte sich der Platz nach und nach. Ein Typ erzählte uns dann, dass an dem Wochenende ein Highliner Treffen stattfindet und deswegen so viel los ist. Für die Menschen die nicht wissen was das ist: Es wird so eine Art Spanngurt zwischen zwei weit auseinanderliegenden Felsen gespannt und die Leute balancieren dann darauf, oder machen Tricks. Die Höhen und die Distanzen variieren dann je nach Schwierigkeitsgrad. Es war schon faszinierend zu sehen wie sich die Menschen in diese Höhen begeben. Die längste Line war dabei 400 Meter lang und ca. 70 Meter hoch. Wir verbrachten die Tage mit Klettern (also Richard klettert, ich sichere nur) und Richard hatte eine bestimmte Route die uns beiden etwas den Nerv raubte. Ihm, weil er sie nicht so easy schaffte wie anfangs erwartet und mir, weil er ständig Stürzte und sein Leben in meinen Händen lag. Insgesamt, konnte er aber viel klettern und seine Fähigkeiten verbessern. Am vorletzten Abend habe ich mich dann in den Van verkrochen und Richard machte sich auf zu den Highlinern. „Ich will das mal probieren. Mal sehen ob ich jemanden finde der mir das zeigt.“ Er war ca. 2 Stunden verschwunden und es wurde schon dunkel. Als er dann nach Hause kam war er mega stolz. Vanessa hat ihm die Grundlagen des Highlinens gezeigt, so dass er sich jetzt auch als Highliner bezeichnen darf. Die ganze Community erschien uns sehr freundlich, bunt und entspannt.

An unserem Hochzeitstag ging dann die Reise weiter. Wir mussten sehr dringend duschen, Wäsche waschen und einkaufen. Als erstes fuhren wir nach Whistler und genossen ein Bad im Hot Tub und besuchten die Sauna. Zum Mittag fuhren wir in ein Diner, welches auch die einzige Wäscherei in ganz Whistler besitzt. Wir erkämpften uns die letzte Waschmaschine und aßen lecker Mittag während wir auf die Wäsche warteten. Im Anschluss fuhren wir nochmal nach Whistler Village, da wir letztes Mal nur sehr kurz Zeit hatten. Die Village ist für uns wie eine riesen Filmkulisse. Hier ist alles nur aufgrund von Olympia 2010 erbaut und es gibt gefühlt von jeder Outdoormarke einen eigenen Laden. Wir waren stark und haben nichts gekauft, uns aber jedoch wie immer zu Kaffee und Gebäck verleiten lassen. Nun war die große Frage: Wohin geht es jetzt für uns? Ich dachte nur: „Moment, wir sind in Whistler, willst du nicht noch biken?“ Nachdem Richard 5 Tage klettern war, traute er sich gar nicht darüber nachzudenken in Whistler Fahrrad zu fahren. Ich fand es aber total notwendig, da wir ja bestimmt nicht nochmal hierherkommen. Also ging es am nächsten Tag in den Bikepark. Vom Lift aus konnte man Schwarzbären beobachten, was aber anscheinend stinknormal ist laut dem Lifty. Richard hatte einen guten Tag im Bikepark und ich lag am See und schaute Serie. Natürlich hat er noch ein paar Leckereien aus dem Café in dem wir den Tag vorher waren mitgebracht. Nachdem wir schweren Herzens die Squamish/Whistler Area hinter uns ließen, verbrachten wir die Nacht auf einem Schotterplatz der auf einem Pass liegt und einen atemberaubenden Ausblick auf ein Bergpanorama bietet. In der App in welcher wir unsere Schlafplätze finden, stand geschrieben, dass man hier auf Mäuse aufpassen sollte…Na geil, bitte nicht schon wieder! Tatsächlich hat sich mal wieder ein Mäuschen reingeschlichen und hielt Richard nachts auf Trab. Ich schief wie ein Baby und traute meinen Augen nicht, als wir am Morgen unser Brot anschauten und sich die kleine Maus eine richtig gemütliche Höhle in unser Brot gegraben hatte. Wir kauften direkt Mausefallen, aber glücklicherweise hat sich Mausi von allein aus dem Staub gemacht.

Auf unserem Weg durchs Okanagan Valley bestaunten wir nochmal ein ganz anderes Landschaftsbild Kanadas. Auf den Straßen fuhren nicht viele Autos, jedoch war einiges an wilden Tieren anzutreffen. Schwarzbären, ein Big Horn Schaf, unzählige Rehe. Leider sahen wir auch einen frisch angefahrenen Bär, um den sich die Polizei kümmerte. Für uns war es auf jeden Fall ein Zeichen, dass man sehr aufmerksam unterwegs sein sollte. Beim Fahren sahen wir nicht weit entfernt einen großen wunderschönen Wasserfall. An diesem Tag war es ausnahmsweise mal warm und sonnig, so dass Richard abrupt bremste und sagte: „Jetzt packt mich die Entdeckerlust. Komm lass mal schauen ob wir zu dem Wasserfall wandern können.“ Innerlich schlug ich wie immer erstmal Alarm bei so einem Spruch, da ich wirklich nie weiß wie groß das Abenteuer wird, aber was solls, wir haben ja Zeit. Apropos: Immer wenn wir planen irgendwo hinzufahren, halten wir mehrmals an weil wir noch irgendwas anderes sehen und entdecken wollen. So nach dem Sinn: Der Weg ist das Ziel. Der Abstecher zum Wasserfall hat sich zu 100 Prozent gelohnt. Es war einer der schönsten von den mindestens 101 Wasserfällen die wir schon gesehen haben. Natürlich nutzen wir gleich die Chance für ein Bad, da kostenlose Naturbadestellen präferiert werden. Am Auto angekommen fuhr direkt neben uns mal wieder ein unendlich langer Zug an uns vorbei. In Kanada sollte man an den Bahnschranken schon so mindestens sieben Minuten Zeit mitbringen, aber es ist sehr faszinierend.

Angekommen am Okanagan Lake im Örtchen Peachland bestiegen wir den Hausberg um die tolle Aussicht zu genießen und schlenderten dann etwas durch den Ort auf der Suche nach Ogopogo, das Monster was im See leben soll. Nachdem wir Ogopogo nicht finden konnten fuhren wir zur Silver Lake Rec Site und chillten in der Hängematte. Eigentlich wollten wir abends ein Feuer machen, jedoch war es dann mal wieder so kalt und vor allem windig, dass wir lieber einen Film anschauten. Der Plan war noch den nächsten Tag am See zu verbringen, aber das Wetter war viel zu ungemütlich. Wir haben im Moment am meisten mit dem niemals endeten Winter zu kämpfen. Alle Wanderungen die wir machen möchten liegen zu weit oben und dort liegt noch Schnee. Im Tal gibt es kaum Wanderungen und wenn ja sind diese sehr kurz. Als wir ein paar Stunden im Tim Hortons verbrachten um im Internet Wandermöglichkeiten zu recherchieren, war das Ergebnis sehr ernüchternd, da erstens die BC Parks Seite total schlecht aufgebaut ist, zweitens man für jeden Pups ein Permit kaufen muss , drittens manche Hüttenbuchungen ausgelost werden, viertens es eh noch zu kalt ist um irgendwas zu machen. Da unser Schlafplatz auf der Forest Road zum Kokanee Glacier Park lag probierten wir trotzdem am nächsten Tag wandern zu gehen. Mhhh, wir sind nicht mal bis zum Parkplatz gekommen, weil ein Schneefeld kam. Meine grandiose Idee war es, die vier Kilometer bis zum Startpunkt zu laufen. Es wurde immer mehr Schnee und am Trail Startpunkt war es besonders viel, so dass wir noch einen Kilometer von der eigentlichen Wanderung liefen und dann umkehrten. Wir haben dann einfach das beste draus gemacht und den Tag mit Lesen verbracht. Wir haben jetzt einen Buchclub gegründet und tauschen uns täglich über neueste Erkenntnisse aus und sind gerade sehr gefesselt von Richards aktueller Lektüre. Da wandern nicht so richtig geht war Richard nochmal in Kimberley biken und für ihn war das bis jetzt der beste Trail.

Im Moment sitzen wir hier am Johnson Lake, beobachten Schildkröten, sammeln Feuerholz und genießen das Leben. Wir hoffen sehr, dass der Sommer bald kommt und wir mehr wandern gehen können. Da uns unsere Route immer weiter Richtung Norden führt, ist das natürlich auch eine große Aufgabe den Sommer zu finden. Wir lassen euch wissen wie es ausgeht.

Liebste Grüße Richard und Lisa (Verfasst von Lisa)


Klettern in Squamish

Die Punkte am Himmel sind die Highliner

Highlineaction von oben

Whistler, hat für sehr österreichische Vibes

Er kanns schon im Schlaf

Luxus- Freecamping

Finde den Fehler!

Kanadischer Sommer

Naturbadezimmer

Pinienzapfen die neue alternative Energiequelle zum Heizen


Okanagan Lake, auf der Suche nach Ogopogo

Murray Creek Falls, einer unserer Favoritenwasserfälle






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